Ensemblesängerin als Ehrentitel: Zum Tod von Kaja Borris

Sie war eine der letzten ihrer Art, die sogenannte Stütze eine Opernensembles, auch eines großen, vielseitig, immer motiviert, wiedererkennbar, zu DNA eines Musiktheaters gehörend. Kammersängerin Kaja Borris ist am 23. Oktober im Alter von 86 Jahren in ihrer Heimatstadt Berlin gestorben. Die deutsch-niederländische Sängerin entstammte einer musikalischen Familie, ihr Vater war der Musikwissenschaftler und Komponist Siegfried Borris, ihre Mutter, Condoo Kerdyk, eine angesehene Sopranistin.

Ihre musikalische Ausbildung als Pianistin und Sängerin erhielt sie zunächst am Königlichen Konservatorium in Den Haag und später an der Musikhochschule Köln. 1971 trat Kaja Borris in das Opernstudio der Deutschen Oper Berlin ein, wo sie 1973 in das Ensemble des Hauses übernommen wurde, dem sie über 30 Jahre lang angehörte. Vom Publikum wurde sie sowohl für den warmen Klang ihrer Stimme wie auch für ihr schauspielerisches Talent verehrt. Meist in mittleren und kleineren Rollen zu erleben, gestaltete sie diese voller Leidenschaft und Hingabe vom ersten bis zum letzten Ton und zauberte dadurch in kleine Partien große Momente.

Zu ihren Paraderollen gehörten u.a. die Dame Quickly in Verdis „Falstaff“, Ulrica im „Maskenball“, Annina im „Rosenkavalier“, die 3. Dame in der „Zauberflöte“, Emilia in Verdis „Otello“, Marthe im „Faust“ von Gounod, Geneviève in „Pelléas et Mélisande“ von Debussy, die Principessa in Puccinis „Suor Angelica“, Azucena im „Troubadour“, die Amme im „Boris Godunow“, Madelon in „Andrea Chénier“ von Giordano und die Sphinx in „Oedipe“ von Enescu.

 1978 erhielt Kaja Borris den Daphne-Preis, mit dem die TheaterGemeinde Berlin herausragende Darsteller der Berliner Kulturszene auszeichnet. 1984 wirkte sie in der Uraufführung der „Gespenstersonate“ von Aribert Reimann mit. Bei den Salzburger Osterfestspielen 1982-83 hörte man sie als Mary im „Fliegenden Holländer“ unter der Leitung von Herbert von Karajan. Regelmäßige Einladungen führten sie auch an andere Häuser, u.a. an die Staatsopern in Berlin, Wien, München und Hamburg, das Staatstheater Braunschweig sowie zu den Schwetzinger Festspielen. Ihre Stimme ist Gesamtaufnahmen von Schmidts „Notre Dame“, „Der fliegende Holländer“ und Wolfs „Der Corregidor“ zu hören.

 Darüber hinaus konnte sie auch als Konzertsängerin große Erfolge feiern. In Berlin war sie u.a. mehrfach mit den Berliner Philharmonikern sowie mit dem Deutschen Symphonie-Orchester zu erleben. Konzertreisen führten sie in die Musikzentren Europas und Nordamerikas. 2001 wurde sie zur Berliner Kammersängerin ernannt. Nach Beendigung ihrer aktiven Karriere fand Kaja Borris eine neue Leidenschaft im Gesangsunterricht und gab ihren Erfahrungsreichtum an junge Sänger weiter.

Sie wird eine der letzten gewesen sein, die kleinen und großen Rollen variantenreich, aber vor allem immer sie selbst war, die von ihrem Publikum erkannt, geschätzt und geliebt wurde, die zuverlässig ihre Aufgaben erfüllte und für die der Satz gilt: „Es gibt keine kleinen Rollen, nur kleine Sänger“. Kaja Borris jedenfalls hat immer die Bühne zum Strahlen gebracht und jeder Rolle ihren unverwechselbaren Stempel aufzudrücken vermocht.

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