Nein, einem Mann hätte man sicher nicht durchgehen lassen, dass er zum eh schon etwa zähen Opernende hin, andauernd blutiggeschlagene Frauen immer und immer wieder auf eine Tischplatte deppert, sie brutal schubst, stößt und als Objekte missbraucht. Aber weil hier mit Jean Renshaw eine Frau am Inszenierungswerk ist, wird das bravorufend durchgewunken. Wobei ihr auch […]
Opernpremiere
Zum 150. Todestag von George Bizet: Omelett-Quartett und provenzalische Geschichten
Da war doch noch was – neben Carmen, jener populärsten aller Opern-femmes-fatales, die vor 150 Jahren ihren ersten Ton gesungen hat. Ja Georges Bizet, der Komponist. Er, der Spanien nie betreten hat, nur einer modisch angesagten Klangströmung folgte, verschwindet hinter dieser mythischen Figur immer mehr. Bizet, geboren 1838 als Sohn musikalischer Eltern in bescheidenen Stellungen, […]
In der Genfer Kathedrale als Glaubensparabel: Barbara Hannigan und Jakub Józef Orliński sind die beiden Protagonisten in Romeo Castelluccis Schmerzensreflektion „Stabat Mater“ nach Pergolesi und Scelsi
Irgendwie mochte der Funke diesmal nicht so recht überspringen, weder der göttliche noch der theatralische. Dabei ist Romeo Castellucci, der inzwischen fest auf den Bühnen verankerte italienische Installationskünstler, gerade bei weltlichen wie geistlichen Oratorien immer besonders gut gewesen. Da konnte er nerven, wie in einer endlos blutigen Hamburger Matthäus-Passion, verstören wie in seinem „Über das […]
Ultraschall im Übermaß, getunkt in Strauss-C-Dur: Katie Mitchells verunglückte „Frau ohne Schatten“ an der Dutch National Opera
Einen „feministischen Science-Fiction-Thriller“ hat Katie Mitchell für ihre Inszenierung der „Frau ohne Schatten“ an der Dutch National Opera versprochen. Und wer die bisweilen auch provokativen Arbeiten der englischen Schauspiel- wie Opernregisseurin kennt, der konnte durchaus hoffen. Schließlich gibt es in dem zu Zeiten des ersten Weltkriegs geschriebenen, 1919 uraufgeführten und bis heute schwer an seiner […]
Opernparodien von Gassmann und Donizetti in Mailand und Sachsen-Anhalt: An der Scala kracht alle zusammen, in Halle schmeißt Mamma Agata den Buffa-Laden
Der Komponist und der Textdichter hassen sich. Alle haben zu spät geliefert, Die Primadonna ist eitel, der Tenor dumm, der Kastrat eifersüchtig. Die Nachwuchssängerin schläft sich empor, die Ehemänner und Mütter des Vokalpersonals machen Radau. Die Vorstellung der hochmögenden Seria-Oper „L’Oranzebe“ geht schief, die Tänzer sind unkoordiniert, die Kulissen krachen zusammen, der Pappelefant fällt um […]
Ein finsteres Land – gestern wie heute Calixto Bieito beendet am Grand Théâtre de Génève seine Russland-Trilogie mit Mussorgskys „Chowanschtschina“
Liebe – nicht wirklich. Bewunderung – uneingeschränkt. Modest Mussorgskys „Chowanschtschina“, was ungefähr mit „Die Schweinereien des Fürsten Chowanski“ zu übersetzen ist, dürfte nicht nur die Oper mit dem seltsamsten Titel sein. Sondern, das hat sie wohl mit Janaceks „Aus einem Totenhaus“ gemein, eine der undramatischsten, depressiv ausweglosesten. Außer dem anfänglichen orchestralen, zart anschwellenden Sonnenaufgang über […]
Rossinis „Il Turco in Italia“ an der Opéra de Lyon: Laurent Pelly bringt einen Fotoroman ironisch zum Klangfunkeln
„Es werde Lichter“, sprach der Libretto-Dichter und ließ die Buffa-Puppen tanzen. Keine Charaktere, sondern Typen, irgendwie geboren im ganz normalen Uraufführungswahnsinn italienischer Opernhäuser im frühen 19. Jahrhundert; fest am Faden hängend und ganz nach Bedarf herumgeschoben von ihren Schöpfern. Dieser Poeta in Gioachino Rossinis „Türke in Italien“, der sich und seine Erfindungsnöte vorlaut zum Thema […]
Zwischen Zauberbaum und Automatikgewehr: Haydns „Armida“ als Winteroper im Schlosstheater Potsdam
Die Magierin, die gegen die Übermacht der Gefühle verloren hat, musst sich zwischen Zauberbaum und Automatikwaffe entscheiden. Sie wählte die Welt der Illusionen in Gestalt eines Bonsais in einem durchsichtig neonleuchtenden Kasten links vom mit golden geschnitzten Musikinstrumenten verzierten Bühnenrahmen. Doch das Gewehr im rechten Kasten gegenüber ist stärker. Und so bricht der Ritter Rinaldo […]
Im Menschenversuchslabor: Richard Brunels packender „Wozzeck“ in Lyon
In den letzten Bühnenjahren wollte man Alban Bergs Büchner-Oper „Wozzeck“, die besser ist als die Stückvorlage (was sie wiederum mit Debussys „Pelléas et Mélisande“ nach Maeterlinck gemein hat) gern in der Gegenwart sehen. In München stellte ihn Andreas Kriegenburg zeitlos auf Stelzen auf einer Wasserfläche, im Theater an der Wien zeigte ihn Richard Carsen im […]
Intensivierung durch Kontinuität: Der souverän gelungene Tudor-Zyklus am Grand Théâtre de Génève endet glückvoll mit „Roberto Devereux“
Aviel Cahn kann auch kulinarisch. Das hat der scheidende Intendant des Grand Théâte de Génève in den letzten drei Spielzeiten etwa mit seiner Donizetti-Tudor-Trilogie bewiesen. Während die Konkurrenz in Zürich und Amsterdam, wo man früher oder gleichzeitig an der der niemals vom Komponisten als Einheit gedachten, aber damals thematisch extrem populäre Werkfolge „Anna Bolena“, „Maria […]