Waldweben mit und ohne Worte: Wagner-Überwältigung bei den Bamberger Symphonikern mit Jakub Hruša, Jens Harzer und Alex Ross

Die Bamberger Symphoniker wollen, aus einer Stadt als Unesco-Weltkulturerbe mit 1000-jähriger Geschichte kommend, nachhaltiger und naturnäher werden. „Die Spuren, die wir als Orchester hinterlassen, sollen musikalisch wie ökologisch einen Unterschied machen und dazu beitragen, die Zukunft aktiv zu gestalten“, so schreiben sie in ihrer frisch erschienenen Saison-Broschüre, die unter dem Konzertmotto „Schöpfung“ steht. Und deshalb […]

Eine leider zu spät gekommene Ritter-Grand-Opéra: Hervé Niquet gräbt in Saint-Étienne den seit 122 Jahren nicht mehr gespielten „Lancelot“ von Victorin Joncières aus

Es ist doch immer wieder spannend, was da an französischem Opernschaffen des 19. Jahrhunderts ans Licht kommt. An der Opéra de Saint-Étienne, in einem Betonbrutalismus-Kulturhaus über den Hügeln der einstigen Bergbaustadt thronend und eigentlich sonst nur für ihre ab und an gezeigten selteneren Werke des hier geborenen Jules Massenet bekannt, hat man „Lancelot“, die letzte […]

Die Kröte ist eine Kröte: In Zürich startet Andreas Homoki mit dem von Gianandrea Noseda klangerleuchteten „Rheingold“ einen ambitionslosen „Ring“-Neuanfang

Der optische Deutungsanspruch geht hier eigentlich schon im ersten Bild flöten. Obwohl zunächst nur in völliger Dunkelheit die Kontrabässe ihr tiefes Es grummeln, bevor die Celli sich in die Wellenbewegungskurve legen. Hebt sich die Kurtine, dann dreht sich da wieder eine der herkömmlich bekannten weißen Altbausalonbühnen Christian Schmidts. Viermal das gleiche, leere, lediglich mit dezenter […]

Thierry Escaichs dritte Oper „Shirine“ in Lyon uraufgeführt: Die Inszenierung Richard Brunels offenbart mehr westöstliche Gegenwart als die Musik

Der 57-jährige Thierry Escaich ist nicht nur Organist und Hochschullehrer, sondern längst auch einer der wichtigsten französischen Komponisten der Post-Boulez-Ära. Drei Opern hat er bisher geschrieben. Nach dem 2013 an der Opéra de Lyon uraufgeführten „Claude“ kamen jetzt innerhalb von ein paar Wochen „Point-d’Orgue“, ein szenischer Einakter über sein Lieblingsinstrument, am Pariser Théâtre des Champs-Élysées […]

Traumbesetzung in der hässlichen Wiener Alptraum-„Lucia di Lammermoor“

Im Opernwien (gibt es ein anders?) wurden 2019 ein fundamental wichtige Baustein dortiger Hochkultur ausgetauscht – die schon seit 2012 nicht mehr gespielte, historistisch kulissenvolle, kostümpralle „Lucia di Lammermoor“-Anrichtung Boheslav Barlogs. Nach 40 Jahren, Ende 1978 war Premiere. Die Wiener hatte sie einst ins Belcanto-Delirium versetzt, die damalige Primadonna Edita Gruberova wurde als Königin der […]

Tschaikowskys Klanganalyse russischer Machomilitärkultur: Die brillante „Pique-Dame“ der Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko

Hoffentlich bringen die Berliner Philharmoniker ihre eben unter Kirill Petrenko abgeschlossene Trias von Tschaikowsky-Opern auch als Box heraus. Das würde in jedem Fall eine lohnende Ergänzung, der Werk-, der Orchester- wie der Interpretendiskografien bedeuten. Nach dem martialischen Ukraine-Epos „Mazeppa“ und der jugendstil-lichten „Yolantha“ ging jetzt mit der „Pique-Dame“ dieser wichtige Zyklus eben zu Ende. Ganz […]

Musikalisch reichhaltiger Osterausflug: In Rheinsberg gab es Hasses Serenata „La Semele“

Der Weg führt über Oranienburg mit seiner seit der Landesgartenschau 2009 proper sanierten Ortsmitte am Hohenzollern-Barockschloss, das die meiste Zeit Fabrik oder Kaserne war. Dann nach Gransee, wo die Liebe eines anderen Herrschers Schinkel ein Eisensargdenkmal entwerfen ließ, weil hier Königin Louises Leichnam 1811 auf dem Weg nach Berlin eine Nacht rastete. Das ist bekannt. […]

Erstmals in Holland zu sehen: Das Het Nationale Ballet schenkt sich zum 60. Geburtstag eine politisch korrekte „Raymonda“

Als brillanter Tanzkonfektionär des Zaren definiert Marius Petipa nach wie vor den Standard, zu dem alle in der heutigen Ballettwelt aufblicken und sich messen. Seine mehr oder weniger exakt überlieferten Werke, von der bearbeiteten „Giselle“ bis zur „Raymonda“, sie bleiben die Grundpfeiler des Klassikrepertoires. Doch selbst sein „Schwanensee“ von 1895 ist erst nach dem Zweiten […]

Es blühen wieder die Zitronen: Ambroise Thomas‘ Goethe-Petit-Four „Mignon“ hinreißend delikat in Lüttich

Vive(z) l’Opéra! Die Oper lebt und sie lebe. So warb vor einiger Zeit die Pariser Oper nicht nur für sich selbst – denn die Grande Nation meint mit opéra selbstredend vornehmlich die ehrwürdige Institution der Academie Royale de la Musique –, sondern macht doppeldeutig gute Stimmung gleich für die ganze Gattung. Und inzwischen sohar auch […]

Die fatalen Familiengeheimnisse: das alljährliche Opernfrühlingsfestival in Lyon recherchiert bei Verdi, Bach und Schreker

Wer so eine Familie hat, braucht keine Feinde mehr. Das wussten schon die alten Griechen. An der Opéra de Lyon, wo Festival-Zeit immer auch Magnolienblüte-Zeit ist, gab es jetzt die alljährliche Operntrias am properen Stagione-Haus unter dem Motto „Secrets de famille“. Das freilich ist ein um genau zwei Spielzeiten coronabedingt verschobenes Programm des inzwischen seit […]