Mit vielseitig schönem Tenorton: Hermann Winkler zum 100. Geburtstag

Bewusst höre ich ihn wohl Anfang der Achtzigerjahre in München an der Bayerischen Staatsoper. Da gastierte Hermann Winkler regelmäßig während der Festspiele, aber auch in der regulären Spielzeit. Er sang damals Mozarts Idomeneo – neben Julia Varadys Elektra, Lilian Sukis als Ilia und Claes Haakan Ahnsjö als Idamante in einer aus dem Cuvilliéstheater, dem Uraufführungsort der Oper ins Nationaltheater übernommenen Inszenierung. Mit Temperament, großem Atem und Koloraturgeläufigkeit gelang ihm die gefürchtete „Fuor del Mar“-Arie. Und auch sonst machte der fast Sechzigjährige gute Figur, dabei hatte er damals doch längst neben Mozart auch Wagner und Strauss im Repertoire.

Geboren wurde Hermann Winkler vor genau 100 Jahren, am 3. März 1924 in Duisburg. Nach einer Ausbildung an der dortigen Maschinenbauschule musste er zur Wehrmacht und in den zweiten Weltkrieg. Ab 1946 ließ er seine Stimme bei Martha Schiele in Hannover ausbilden, 1949 debütierte er auch dort. Feste Engagements hatte er ab 1955 am Landestheater Hannover, ab 1956 in Bielefeld, ab 1958 in Zürich, ab 1960 in Köln, wo er regelmäßig mit dem damals maßstäblichen Mozart-Regisseur Jean-Pierre Ponnelle zusammenarbeitete und ab 1967 in Frankfurt. Engere Gastverpflichtungen banden ihn seit 1971 an die Hamburgische Staatsoper, seit 1973 an die Bayerische Staatsoper (wo er 1977 zum Kammersänger ernannt wurde), ab 1966 an die Staatsoper Wien und ab 1976 wiederum an das Opernhaus Zürich.

Standen für Hermann Winkler zunächst die Mozart-Opern im Mittelpunkt, wo er mit lyrischer Stimme und schönem Timbre punkten konnte, so folgten bald die Partien des italienischen, dann vor allem des deutschen Repertoires. Doch immer war sein Credo: „Wenn man Mozart singen kann, hat man eine gute Kontrolle über die Leichtigkeit und Flexibilität, und ich werde Mozart so lange singen, wie es meine Stimme zulässt.“

Seit 1983 kamen dann auch zunehmend Charakterrollen hinzu. Noch Ende der Achtziger und 1991 debütierte er freilich als Peter Grimes und in Hannover als Palestrina. 1996 war er nochmals in einer neuen Münchner „Idomeneo“-Inszenierung als Hohepriester dabei. 1999 hatte er seinen letzten Auftritt bei der Wiederaufnahme von August Everdings „Tristan“-Inszenierung unter Lorin Maazel. Die war drei Jahre zuvor zur Wiedereröffnung des Münchner Prinzregententheaters herausgekommen – damals sang Ernst Haefliger –, zwei Münchner Tenorlegenden also.

Der vielseitige Hermann Winkler trat in Opern von Cimarosa, Händel, Lortzing, Weber, Puccini, Rimski-Korsakow, Smetana, Beethoven, Britten, Schoeck, Pfitzner, Offenbach, Berg, Zemlinsky, Hindemith, Cerha, Verdi und Wagner (Steuermann, Erik, Lohengrin, Tannhäuser, Parsifal) und Strauss (Bacchus, Kaiser, Ägisth, Herodes, Graf Elemer )auf und gastierte in London, Buenos Aires, Chicago, Mailand, Bologna, Venedig, Rom, Paris, Marseille, Nizza, Brüssel, Amsterdam, Genf, Tokio; bei den Festspielen von Bayreuth (1964-77), Salzburg, Edinburgh und Florenz war er häufig dabei. Er war als Konzertsänger bekannt, wurde gern von Herbert von Karajan verpflichtet und hinterließ zahlreiche Einspielungen auf Tonträger.

Ab 1988 leitete er für mehrere Jahre das Opernstudio in Hamburg. Am 21. Januar 2009 starb Hermann Winkler in Gauting. Er wurde 84 Jahre alt.

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