Pizzaschachteln in der Rokoko-Box: Calixto Bieito inszeniert in Genf Prokofiews „Krieg und Frieden“ als böse Abrechnung mit dem heutigen Russland

Ein Stück so brutal und großmäulig, so verloren und anmaßend, so propagandahohl und beziehungszart, ja, eben so ambivalent wie das 20. Jahrhundert. Das ist Sergej Prokofiews nicht nur in Deutschland äußerst selten gespieltes, sowjetpopulistisch durchwirktes und trotzdem bei den damaligen Machthabern durchgefallenes Schmerzenskind „Krieg und Frieden“. 14 Damen- und 45 teils episodische Herrenrollen sieht dieses […]

Nicht Trash-Fisch noch Nostalgie-Fleisch: Nikolaus Habjans puppenlose Dortmunder „Tosca“

„Mit Tosca kam die Zärtlichkeit“. So wie einst für diese heute als Oma-Duft für die Frau ab Fünfzig belächelte Duftkreation aus dem von Dortmund gar nicht so weiten Kölner Parfümhause 4711 geworben wurde (auch Montserrat Caballé hielt den Flakon einmal auf Anzeigen hoch), mit einem Hauch von großer Opernwelt, der doch nur provinziell roch, mit […]

Buffa-Spaß mit Donizetti in Lüttich und Saisonausblick 2021/22

Die Oper in Lüttich, sie ist sehr speziell. Ein proper saniertes, bestens mitten in der Stadt dastehendes historisches Theater, mit der Statue (samt Herzensurne) eines der beiden großen Komponistensöhne der Stadt vor dem Eingang: André Grétry; der andere ist César Franck, von dem in der nächsten Saison, mit Unterstützung der rührigen Bru-Zane-Stiftung, dessen „Hulda“ konzertant […]

Grauglitzernde Politmoritat samt männlichen Odalisken: Barrie Kosky bereitet Serge Dorny mit Rimsky-Korsakows „Der goldene Hahn“ in Lyon einen unheimlich starken Intendantenabgang nach 18 Jahren

Schluck. Rülps. Schmeckt! Der goldene Hahn, ein gar nicht so harmloser Piepmatz, hat eben die Augäpfel des Zaren verspeist. Und auch sonst ist dieser Potentat ziemlich tot. Das Publikum lacht, schütter. Denn es sind höchstens 50 Menschen im sonst leeren Saal der Opéra de Lyon, wo am zweitwichtigsten französischen Musiktheater der nach 18 Jahren gen […]

Nach 150 Jahren: Brigitte Fassbaender küsst in Regensburg Joachim Raffs „Dame Kobold“ wach

Man versteht es nicht: Seit 150 Jahren wurde die in der fruchtbringenden Liszt-Ära in Weimar uraufgeführte Spieloper „Dame Kobold“ von Joachim Raff nicht mehr gegeben. Wieso? So reich ist das aktuelle Repertoire an heiterem Musiktheater teutonischer Provenienz nun eben nicht. Zwischen dem auch nur noch selten aufgeführten Albert Lortzing und dem „Rosenkavalier“ wird höchstens Wagners […]

Karger Berliner Opernauftakt: Eine Solonummer für Dagmar Manzel und ein öder Modernismus-Zweier an der Lindenoper

Sonst wird in Berlin zum Opernspielzeitauftakt gern geklotzt, zumal an der Lindenoper, wo Daniel Barenboim den 3. Oktober als so prestigeträchtigen wie staatstragenden Premierentag reserviert hat. In diesem besonderen Theaterherbst aber war es anders, obwohl es genau nach Spielplan ablief. Nur die Deutsche Oper griff in die Musiktheatervollen und fiel leider nach den hohen Erwartungen […]